Das Konzept der Teilhabe ist in den vergangenen Jahren zunehmend mehr in den Fokus gerückt. Es geht in der Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen nicht mehr nur um bloße Klassifikationen, sondern vielmehr darum, jene Faktoren zu erfassen, die Inklusion und Teilhabe am Alltag ermöglichen. Die ICF bietet dabei einen Rahmen, der neben Symptombeschreibungen auch die Einflussfaktoren (individuell und umweltbezogen) berücksichtigt. Das erfordert einerseits ein Umdenken in der diagnostischen Herangehensweise, erleichtert aber andererseits die Therapieplanung. Mittlerweile stehen einige Tools zur Verfügung, die das Arbeiten mit der ICF erleichtern und die das komplexe System für den klinischen Alltag anwendbar machen. Wenn teilhabeorientiertes Denken unser praktisches Handeln leitet, bietet das auch eine enorme Chance für die interdisziplinäre Zusammenarbeit zum Wohle der Kinder bzw. Jugendlichen und deren Familien.
Traumatische Erfahrungen sind ein Risikofaktor für nahezu jede psychische Störung. Spezifische Traumafolgestörungen, wie die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), treten häufig nicht alleine, sondern komorbid mit anderen psychischen Störungen auf. PatientInnen, die uns in der Psychosomatik begegnen, berichten regelmäßig von traumatischen Erfahrungen, insbesondere in der Kindheit und Jugend. Posttraumatische Symptome wie anhaltende Übererregung können zu Folgesymptomen wie Schmerzen führen, die dann häufig den Grund für die Kontaktaufnahme mit Versorgungssystemen darstellen.
In der psychologischen Diagnostik ist es daher wichtig, bei psychosomatischen PatientInnen auch posttraumatische Psychopathologie im Blick zu haben, die regelmäßig nicht vordergründig präsentiert wird und erst im gezielten diagnostischen Prozess zu Tage tritt. Kenntnisse über Formen der posttraumatischen Psychopathologie sowie traumadiagnostische Kompetenz sind daher in der Psychosomatik essenziell. Im Vortrag sollen die aktuellen ICD-11 Kriterien der spezifischen Traumafolgestörungen (PTBS, komplexe PTBS) und differentialdiagnostische Überlegungen in Abgrenzung zu anderen Störungen theoretisch und anhand von Fallbeispielen psychosomatischer PatientInnen vorgestellt werden.